3 | Klavier­abend

Mit Preisträgern unseres 17. Klavierwettbewerbs - VHV Versicherungen

Wenn ein Klavierabend zum Erlebnis wird – junge Preisträger begeistern in der VHV

Es gibt Konzertabende, bei denen man mit dem unbedingten Gefühl nach Hause geht, dass die (Musik)Welt noch in Ordnung ist. Einen solch rundum stimmigen Abend erlebten die Zuhörer beim Preisträgerkonzert der Chopin-Gesellschaft Hannover. 

Erst vor wenigen Wochen wurde der 17. internationale Klavierwettbewerb der Chopin-Gesellschaft in der Musikhochschule Hannover ausgetragen. Aus dem spannenden Finale gingen Lukasz Byrdy mit dem 2. Preis und Emanuel Roch mit dem 1. Preis hervor. Zwei junge, eminent begabte und interessante Künstlerpersönlichkeiten, bei denen man das Gefühl hatte, dass sie gerade zum Sprung ansetzen, die Welt zu erobern. 

Es standen überwiegend virtuose Werke mit enormen technischen und musikalischen Anforderungen auf dem Programm. Auffällig jedoch war, dass beide Pianisten nicht auf vordergründige Effekte setzten, sondern der musikalische Ausdruck immer oberste Priorität behielt, was besonders bei Werken von Franz Liszt nicht immer selbstverständlich ist, haftet doch seiner Musik der Ruf wilder Exzentrik an. Natürlich ist „Mazeppa“ ein wilder Todesritt, Victor Hugos Erzählung ist hier treffend in Töne gesetzt und Emanuel Roch gelang eine atemberaubende Interpretation. Auch Lukasz Byrdy brillierte mit Liszt. Die 12. Ungarische Rhapsodie, voll gespickt mit volkstümlichen ungarischen Themen, tänzerisch, stürmisch und leidenschaftlich, bekam bei ihm eine Tiefgründigkeit und einen balladenhaften Charakter, trotz aller Tastenakrobatik. Aus den Paganini-Etüden wählte er die Nr. 2 in Es-Dur, in der Liszts Bewunderung für Paganini ihren Ausdruck findet und begeisterte auch mit diesem Feuerwerk. 

Werke von Chopin standen natürlich auch auf dem Programm – ein schöner Dank an die Chopin-Gesellschaft, die sich für die Musik Chopins und die Förderung junger Pianisten so erfolgreich einsetzt. Mit dem Andante Spianato eröffnete Byrdy den Abend, einem brillanten und von erhabener Klangpoesie geprägten Werk. Lyrisch, melancholisch das Andante und brillant die sich anschließende Polonaise. Byrdy deckte unter der Eleganz Chopinscher Musik die Tiefe und erzählerische Kraft auf, die dieser Musik ihren besonderen, melancholischen Reiz gibt. Erfrischend humorvoll kam dann der erste Satz aus der Sonate Nr. 16 von Beethoven daher, spritzig und von klassischer Ausgewogenheit.

Auch Emanuel Roch eröffnete seinen Part mit Chopin. Aus den 24 Preludes stellte er eine Auswahl von neun der kurzen, facettenreichen Werke vor, in denen sich auf kleinstem Raum eine große Meisterschaft entfaltet. Vom schlichten Trauermarsch (Nr.20), dem innig singenden Nocturne (Nr.13) bis zum virtuosen Blitzlicht (Nr.16) tauchte Roch in die jeweiligen Stimmungsbilder ein. 

Als Johann Sebastian Bach seine Chaconne d-Moll für Violine Solo komponierte, ahnte er natürlich noch nicht, was für eine Wirkung dieses Werk zweihundert Jahre später in der Transkription von Ferruccio Busoni entfalten sollte. Ein monumentales, pompöses Kraftwerk für das moderne Klavier ist es geworden. Emanuel Roch hat sich mit großer Hingabe eingelassen auf dieses ernsthafte und anspruchsvolle Werk. 

Beide Künstler wurden mit großem Applaus bedacht, wofür sich Lukasz Burdy mit einer Mazurka von Chopin und Emanuel Roch mit zwei eigenen Kompositionen bedankte. Besonders berührte seine Fantasie über das bekannte Lied „Der Mond ist aufgegangen“.

Ein schöner Abend, zu dem die dezente Eleganz des Veranstaltungsortes und das großzügige Buffett des Gastgebers, der VHV-Versicherung, einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Ein Abend eben, an dem alles stimmte.

Okka Mallek

Preisträgerkonzert

Die Chopin-Gesellschaft Hannover e.V. führt am 23. März 2019 ihren 17. Klavierwettbewerb durch. Für das nachfolgende Konzert im April werden die drei Gewinner/innen des Wettbewerbs mit einem Programm eigener Wahl und ohne den Stress und die Anspannung des Wettbewerbs den Mitgliedern vorgestellt.

Wetteiferten in den Anfangsjahren die Teilnehmer, zumeist Studenten der hiesigen Musikhochschule, in einem sogenannten Auswahlkonzert nur um ein Reisestipendium, mit dem ihnen finanziell der Besuch z.B. eines Meisterkurses oder die aktive Teilnahme an einem internationalen Klavierwettbewerb ermöglicht werden sollte, so geht es seit etwa zehn Jahren um etwas mehr: Aus dem einfachen Reisestipendium ist ein höher dotiertes Förderstipendium geworden. Es wird zwei Jahre lang monatlich ausgezahlt und fördert dadurch den Preisträger insofern, dass er in dieser Zeit zwar kein sorgenfreies Leben führen, aber sich doch mit weniger finanziellen Sorgen voll auf sein Klavierstudium konzentrieren kann. 

Es werden drei Preise, die unterschiedlich dotiert sind, und ein Publikumspreis ausgelobt. Damit sich ein höheres Preisgeld ansammeln kann, wird der Wettbewerb in der jetzigen anspruchsvolleren Form seit 2007 nur noch alle zwei Jahre veranstaltet. Es überrascht deshalb nicht, dass er mittlerweile großes Ansehen und Attraktivität bei den jungen Künstlern genießt, dass die Ausschreibung ein großes Echo findet und dass die zahlreich eingesandten Bewerbungen und CDs mit Spielproben der Jury im Vorfeld viel Arbeit und Kopfzerbrechen machen. 

Ein weiterer positiver Aspekt für den Preisträger ist die Aussicht auf weitere Konzertauftritte. Alle renommierten großen internationalen Wettbewerbe, z.B. der Chopin-Wettbewerb in Warschau, der Concours Geza Anda in Zürich oder der Concours Musical Reine Elisabeth in Brüssel, lassen ihren Preisträgern nicht nur einen hohen Geldbetrag und viel Ehre zukommen, sondern garantieren und beschaffen ihnen die Möglichkeit zu weiteren Konzerten, als Soloabende oder zusammen mit großen Orchestern. Denn es gibt nichts wichtigeres für einen jungen ambitionierten Künstler, als sein Können einem interessierten Auditorium präsentieren zu können, dadurch Erfahrung und Sicherheit zu erlangen und bekannt zu werden; dazu braucht er die Konzertbühne. Die Chopin-Gesellschaft trägt dieser Notwendigkeit voll Rechnung und lädt ihre Preisträger nach dem Wettbewerb zu wenigstens einem erneuten Konzert in Hannover ein. Weiterhin empfiehlt sie die jungen Künstler im internationalen Kreis der Chopin-Gesellschaften weiter und aus der engen Zusammenarbeit mit der Walter und Charlotte Hamel-Stiftung in Hannover ergibt sich die Möglichkeit, den jungen Preisträgern des Hamel-Gesangwettbewerbs bei unseren Konzerten eine Auftrittsmöglichkeit zu geben. 

Diese Förderungsphilosophie wird von den Musikern dankbar anerkannt und ist für alle beteiligten Künstler und Zuhörer ein Gewinn. 

Prof. Dr. Friedrich Schuh